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"ich will fort!" Er warf sich in einen Sessel und war sehr bewegt. Mignon trat herein und
fragte, ob sie ihn aufwickeln duerfe. Sie kam still; es schmerzte sie tief, dass er sie
heute so kurz abgefertigt hatte.
Nichts ist ruehrender, als wenn eine Liebe, die sich im stillen genaehrt, eine Treue, die
sich im verborgenen befestigt hat, endlich dem, der ihrer bisher nicht wert gewesen, zur
rechten Stunde nahe kommt und ihm offenbar wird. Die lange und streng verschlossene
Knospe war reif, und Wilhelms Herz konnte nicht empfaenglicher sein.
Sie stand vor ihm und sah seine Unruhe. "Herr!" rief sie aus, "wenn du ungluecklich bist,
was soll aus Mignon werden?"--"Liebes Geschoepf", sagte er, indem er ihre Haende
nahm, "du bist auch mit unter meinen Schmerzen.--Ich muss fort." Sie sah ihm in die
Augen, die von verhaltenen Traenen blinkten, und kniete mit Heftigkeit vor ihm nieder.
Er behielt ihre Haende, sie legte ihr Haupt auf seine Knie und war ganz still. Er spielte
mit ihren Haaren und war freundlich. Sie blieb lange ruhig. Endlich fuehlte er an ihr eine
Art Zucken, das ganz sachte anfing und sich durch alle Glieder wachsend verbreitete.
"Was ist dir, Mignon?" rief er aus, "was ist dir?" Sie richtete ihr Koepfchen auf und sah
ihn an, fuhr auf einmal nach dem Herzen, wie mit einer Gebaerde, welche Schmerzen
verbeisst. Er hob sie auf, und sie fiel auf seinen Schoss; er drueckte sie an sich und
kuesste sie. Sie antwortete durch keinen Haendedruck, durch keine Bewegung. Sie
hielt ihr Herz fest, und auf einmal tat sie einen Schrei, der mit krampfigen Bewegungen
des Koerpers begleitet war. Sie fuhr auf und fiel auch sogleich wie an allen Gelenken
gebrochen vor ihm nieder. Es war ein graesslicher Anblick! "Mein Kind!" rief er aus,
indem er sie aufhob und fest umarmte, "mein Kind, was ist dir?" Die Zuckung dauerte
fort, die vom Herzen sich den schlotternden Gliedern mitteilte; sie hing nur in seinen
Armen. Er schloss sie an sein Herz und benetzte sie mit seinen Traenen. Auf einmal
schien sie wieder angespannt, wie eins, das den hoechsten koerperlichen Schmerz
ertraegt; und bald mit einer neuen Heftigkeit wurden alle ihre Glieder wieder lebendig,
und sie warf sich ihm, wie ein Ressort, das zuschlaegt, um den Hals, indem in ihrem
Innersten wie ein gewaltiger Riss geschah, und in dem Augenblicke floss ein Strom von
Traenen aus ihren geschlossenen Augen in seinen Busen. Er hielt sie fest. Sie weinte,
und keine Zunge spricht die Gewalt dieser Traenen aus. Ihre langen Haare waren
aufgegangen und hingen von der Weinenden nieder, und ihr ganzes Wesen schien in
einen Bach von Traenen unaufhaltsam dahinzuschmelzen. Ihre starren Glieder wurden
gelinde, es ergoss sich ihr Innerstes, und in der Verirrung des Augenblickes fuerchtete
Wilhelm, sie werde in seinen Armen zerschmelzen und er nichts von ihr uebrigbehalten.
Er hielt sie nur fester und fester. "Mein Kind!" rief er aus, "mein Kind! Du bist ja mein!
Wenn dich das Wort troesten kann. Du bist mein! Ich werde dich behalten, dich nicht
verlassen!" Ihre Traenen flossen noch immer. Endlich richtete sie sich auf. Eine weiche
Heiterkeit glaenzte von ihrem Gesichte. "Mein Vater!" rief sie, "du willst mich nicht
verlassen! willst mein Vater sein!--Ich bin dein Kind!"
Sanft fing vor der Tuere die Harfe an zu klingen; der Alte brachte seine herzlichsten
Lieder dem Freunde zum Abendopfer, der, sein Kind immer fester in Armen haltend,
des reinsten, unbeschreiblichsten Glueckes genoss.
Drittes Buch
Erstes Kapitel
Kennst du das Land, wo die Zitronen bluehn, Im dunkeln Laub die Goldorangen gluehn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin Moecht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!
Kennst du das Haus, auf Saeulen ruht sein Dach, Es glaenzt der Saal, es schimmert
das Gemach, Und Marmorbilder stehn und sehn mich an: Was hat man dir, du armes
Kind, getan? Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin Moecht ich mit dir, o mein Beschuetzer, ziehn!
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg? Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,
In Hoehlen wohnt der Drachen alte Brut, Es stuerzt der Fels und ueber ihn die Flut:
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin Geht unser Weg; o Vater, lass uns ziehn!
Als Wilhelm des Morgens sich nach Mignon im Hause umsah, fand er sie nicht, hoerte
aber, dass sie frueh mit Melina ausgegangen sei, welcher sich, um die Garderobe und
die uebrigen Theatergeraetschaften zu uebernehmen, beizeiten aufgemacht hatte.
Nach Verlauf einiger Stunden hoerte Wilhelm Musik vor seiner Tuere. Er glaubte
anfaenglich, der Harfenspieler sei schon wieder zugegen; allein er unterschied bald die
Toene einer Zither, und die Stimme, welche zu singen anfing, war Mignons Stimme.
Wilhelm oeffnete die Tuere, das Kind trat herein und sang das Lied, das wir soeben
aufgezeichnet haben.
Melodie und Ausdruck gefielen unserm Freunde besonders, ob er gleich die Worte nicht [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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